Liberalismus

LP 1/2024 | Zeinab Herz

Das Grundgesetz gesteht jedem die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit zu. Jedoch wachsen nicht alle Deutschen unter Umständen auf, in denen dies tatsächlich möglich ist.

Auch in meiner Jugend war die Wahrnehmung dieses Rechts nicht selbstverständlich, denn in islamisch-konservativen Kreisen stoßen unsere liberalen Werte, wie Individualismus und Freiheit, auf Ablehnung.

So wettern Islamisten in Videos mit hunderttausenden Aufrufen gegen die Freiheit. Ich als Liberale würde laut dem Tik-Toker @Ideen_ Akhi (Selbstbeschreibung: „Muslim im Westen“, 14.000 follower) versuchen „den Islam dem Liberalismus zu unterwerfen“. Wahrscheinlich würde @Ideen_Akhi Papst Pius IX. recht geben, der 1870 sagte, der Liberalismus sei „der Inbegriff satanischer Unterwanderung“. Doch die Errungenschaften der Moderne werden noch von weiteren Feinden der offenen Gesellschaft bedroht. So befürwortet die Neue Rechte eine „Rassentrennung“, wobei die Zugehörigkeit zu Deutschland durch „Deutsches Blut“ definiert wird. Einer der Vertreter dieser Position ist der AfD-Politiker Björn Höcke, der in „neoliberalistischen Multikultikräften“ die „Freunde des Volkstods“ sieht.

Und als ob das nicht genug wäre, tritt aus dem Schatten noch ein weiterer Gegner des Liberalismus: der Linksextremismus. In der Welt der politischen Farbenlehre sehen manche Linksextremisten alles, was nicht strahlend Rot ist, als verdächtig Braun an. „Der ‚antifaschistische Kampf‘ von Linksextremisten richtet sich – so steht es im Verfassungsschutzbericht – nicht nur gegen vermeintliche oder tatsächliche Rechtsextremisten, sondern gegen Personen oder Institutionen, die der eigenen ideologischen Weltsicht nach als faschistisch angesehen werden.

All diesen Extremen tritt der Liberalismus entgegen, der das Individuum durch Demokratie und den Rechtsstaat schützt, mich als gleichberechtigte Bürgerin des Landes betrachtet und nicht als jemand, der ohne „Deutsches Blut“ den Volkstod herbeiführt. Auch widerspricht es seinen Grundsätzen, mich als Teil einer diskriminierten, bemitleidenswerten Minderheit zu betrachten, damit die „Retter in Links“ in meinem Namen gegen mich als Individuum Politik machen können. Deshalb engagiere ich mich für den Liberalismus, denn er ist unser Leuchtfeuer gegen die Feinde des Individualismus. Er ist ein Bollwerk, das Freiheit nicht nur verspricht, sondern im Rahmen des Rechtsstaates garantiert. Für viele Menschen sind diese Werte heutzutage selbstverständlich, doch sie werden es nur bleiben, wenn sich Menschen für unsere freiheitlichen Werte einsetzen und den Feinden der Freiheit mutig entgegentreten.