Erfahrungsbericht

Leben im Dorf – Leben mittendrin!

Das Wallmeroder Modell

LP 1/2024 | Klaus Lütkefedder

Wohnen in der Dorfmitte? Nein danke! Mit dieser Einstellung haben viele ländlichen Gemeinden zu kämpfen. In der Mitte des Dorfes wohnen überwiegend ältere Menschen und die Dorfmitte besitzt keine Anziehungskraft mehr für die jüngeren Generationen. 

Viele Menschen zieht es an den Rand der Ortsgemeinden, was dramatische Auswirkungen hat: Dorfkerne sterben, die Bausubstanz bröckelt, die Ortsmitte verliert an Attraktivität und das Miteinander im Ort geht zusehends verloren. Kurzum: Es fehlt das Leben mittendrin!Logo Leben im Dorf

Die Zukunft der Dörfer im Blick

Diese Entwicklung hat die Verbandsgemeinde Wallmerod nun schon seit rund 20 Jahren im Blick und ergreift Maßnahmen, das Leben im Dorf zu halten oder zurückzuholen. Ziel aller Entscheidungen in der Verbandsgemeinde Wallmerod ist die Schaffung attraktiver Dörfer und die Förderung der Gemeinschaft. Alles, was die Attraktivität der Dörfer verbessert, wird getan und alles, was dem entgegensteht, wird möglichst vermieden. Die anstehenden Veränderungen und Herausforderungen der Digitalisierung, des Klimaschutzes und der gesellschaftlichen Entwicklung bieten vielfältige Chancen zur Zukunftssicherung unserer Dörfer. Und diese Chancen werden konsequent genutzt. Das geht nur gemeinsam über alle Generationen hinweg und unter Einbeziehung aller Ortsgemeinden.

Ein zentrales Thema ist das Wohnen in der Dorfmitte. Dem Trend, dass die Dorfkerne aussterben und die Ortsmitte an Attraktivität verliert, wirkt die Verbandsgemeinde Wallmerod mit ihrem Förderprogramm „Leben im Dorf – Leben mittendrin“ bereits seit dem Jahre 2004 entgegen. In diesem Programm werden die zukunftsorientierten Maßnahmen und Projekte der Verbandsgemeinde Wallmerod gebündelt und weiterentwickelt. Die Maßnahmen und Projekte sollen der Verödung der Ortskerne und dem Wegbrechen sozialer Strukturen entgegenwirken.

Förderung für die Ortskerne

Mit dem eigenen Förderprogramm werden bei Objekten innerhalb der Ortskerne der Erwerb und die Sanierung, die Bebauung von Baulücken oder der Abriss alter Gebäude und Neubau an gleicher Stelle mit einem Zuschuss gefördert. Aber auch Objekte, welche außerhalb der Ortskerne liegen, erhalten bei Erwerb und Sanierung eine Förderung, sofern es sich um eine mindestens 50 Jahre alte Bausubstanz handelt. Die Förderung wird als Zuschuss gewährt, welcher jährlich bis zu 1.000 Euro beträgt und in acht aufeinander folgenden Jahren gewährt werden kann. Zudem wird die Verbesserung vorhandener Gebäude bezuschusst: sei es der barrierefreie Umbau, die energetische Sanierung oder die Aufteilung in mehrere Wohneinheiten. Das alles sind Maßnahmen, um das „Leben im Dorf“ und das Miteinander von Alt und Jung zu erhalten.

Der Erfolg des Förderprogramms ist messbar: Bei rund 500 realisierten Förderobjekten wurden fast 100 Millionen Euro in die Ortskerne investiert. In deutlich mehr als der Hälfte der Fälle ging die Förderung an junge Familien mit im Schnitt einem oder zwei Kindern. Rund ein Viertel der geförderten Familien sind neu in die Verbandsgemeinde Wallmerod gezogen.

Wiederbelebung der Attraktivität

In die Dorfkerne kehrt also wieder neues Leben ein. Und auch die grüne Wiese lebt. Seit dem Programmstart wurden in der Verbandsgemeinde Wallmerod nahezu keine Neubaugebiete am Ortsrand mehr ausgewiesen. Aktuell wird eine Gesamtstrategie zur Verbesserung der Biodiversität gemeinsam mit allen 21 Gemeinden umgesetzt. Von den über 270 geplanten Einzelprojekten wurden im ersten Jahr bereits ein Drittel realisiert.

So wird die Attraktivität der Ortskerne kontinuierlich weiter erhöht, der Schwung des Dorflebens erhalten und eine lebenswerte Region für kommende Generationen bewahrt. „Leben im Dorf – Leben mittendrin“ – das macht die Verbandsgemeinde Wallmerod attraktiv für Jung und Alt und schafft gute Zukunftsaussichten für unsere Dörfer.

Klaus Lütkefedder

Klaus Lütkefedder

Klaus Lütkefedder war im Anschluss an sein Bauingenieurstudium, das er an der Technischen Hochschule Darmstadt absolvierte, als Diplom-Ingenieur tätig. Nach seinem Wechsel ins rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerium verantwortete er als Referatsleiter u.a. die Bereiche Innovationspolitik und Regionalentwicklung. Seit 2010 ist er Bürgermeister der Verbandsgemeinde Wallmerod im Westerwald.