Für Europa mit „Positiven Populismus“

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Die Gruppe „Why Europe“, Studenten der Universität Freiburg, wurde am Pfingstsonntag mit dem Arno-Esch-Preis des Verbandes Liberaler Akademiker (VLA) in Schloss Schney ausgezeichnet. VLA-Präses Alexander Bagus überreichte die Urkunden. Professor Dr. Günter Heydemann, Emeritus der Universität Leipzig, hielt die Laudatio.

Grußworte sprachen Dritter Bürgermeister Winfried Weinbeer und der Präsident der Thomas-Dehler-Stiftung, der FDP-Bundestagsabgeordnete Thomas Hacker. Einen musikalischen Leckerbissen boten die Schülerinnen der Lichtenfelser Musikschule Nicole Nassel (Flöte), Esther Schadt und Franca Wiesmann (Klavier).

Simpel, emotional, konkret

Benedikt Kau erläuterte die Ziele von „Why Europe“. Die Idee sei: es machen wie die Populisten; simpel, emotional und konkret – den Gegner mit den eigenen Waffen schlagen. Die Methode nennen sie: „Positiven Populismus“. Dafür nutzen die Studenten Facebook, Instagram und Twitter.

„Wir machen keine Nachrichten von und über die EU, sondern Kampagnen. Das heißt: Wir erklären, warum die EU für jeden einzelnen gut ist, was sie für dich und mich tut“, erläuterte Benedikt Kau. Zum Beispiel die Kampagne „Reasons Why“: Hier zeigen die Studenten, dass man wegen Schengen nicht mehr zwei Stunden an der französischen Grenze warten muss. Das alles passiert in wenigen Worten, kurz und knapp in Tweets und eingebunden in Fotos. Meistens in Nachtschichten nach den Uniseminaren.

Das bringt Aufsehen. Marie Le Pen, Vorsitzende der rechtsnationalen Front National, hat sich schon mit „Why Europe“ beschäftigt. Sie ließ im Frühjahr 2017 bei der EU anfragen, ob der Verein der Studenten von der EU finanziert sei. Solche Anekdoten treiben die Studentinnen und Studenten weiter an. Nicht nur online sind sie aktiv, auch offline zeigen sie sich als Aktivisten.

„Wir waren bei Pulse of Europe in verschiedenen Städten dabei. Bei den Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich haben wir uns bei Demos engagiert“, sagte Kau.

Über ganz Europa verteilt

Inzwischen zählt „Why Europe“ 30 Mitglieder über ganz Europa verteilt, postet auf englisch, französisch, deutsch und sogar ungarisch. Mindestens zwei Posts pro Tag. Koordiniert werden die internationalen Teams über Skype; zwei, drei Telefonate gibt es in der Woche. Bis zu 2,4 Millionen Menschen pro Monat erreichen sie. Am 9. November 2017 erhielt „Why Europe“ den European Public Communication Award von der Europäischen Union in Brüssel.

Professor Heydemann stellte in seiner Laudatio fest: „Das europäische Projekt ist nicht selbstverständlich ebenso die Demokratie. Beides muss immer wieder neu erkämpft werden und genau das haben sie getan“. „Why Europe“ wisse, dass man sich dafür immer neu einsetzen müsse. „Als die Flüchtlingskrise 2015 entstand und sich Populisten von rechts diese Krise zunutze machten, sind sie diesen ewig gestrigen Nationalisten, verkappten Rassisten und nicht selten Antisemiten mit positiven Populismus entgegengetreten, in dem sie Europa jedermann verständlich, emotional und konkret erklären“, so Heydemann.

Alexander Bagus machte deutlich, dass der Arno-Esch-Preis im Andenken an den Rechtswissenschaftler Arno Esch und seine fünf Weggefährten, die von der sowjetischen Justiz zum Tode verurteilt und erschossen wurden, seit 15 Jahren verliehen werde. Liberale Studentengruppen leisteten Widerstand gegen die stalinistische Diktatur und die Gleichschaltung der Hochschulen im sowjetisch besetzten Gebiet der damaligen DDR.

Zivilcourage wichtig

Als Kriterien für die Auswahl der Jury gelten das besondere Wahrnehmen der Staatsbürgerrechte. Wer mit Zivilcourage Beispiele gebe, im konsensstiftenden wissenschaftlichen Disputs in öffentlicher freier Rede, solle gewürdigt werden.

Thomas Hacker machte deutlich, dass Lichtenfels ein besonderer Ort für die liberale Familie sei. Er erinnerte an den in Lichtenfels geborenen Thomas Dehler, der von 1949 bis 1953 Bundesminister der Justiz und von 1954 bis 1957 Bundesvorsitzender der FDP war und stets unerschrocken seinen Weg ging. An die Geehrten gewandt sagte Hacker: „Es ist hervorzuheben, wenn sich junge Menschen für Europa engagieren“. Winfried Weinbeer stellte Lichtenfels als neues High-Tech-Zentrum vor, in dem durch die Schneyer Hofmann Gruppe 800 moderne Arbeitsplätze entstünden.

Autor: Andreas Welz
Der Beitrag erschien zuerst am 22. Mai 2016 im Obermain Tagblatt. Die Wiedergabe erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Obermain Tagblatts.