Neuigkeiten aus dem Verband unabhängig von der LP

So ungewiss die Lage in Iran ist, einer Sache war sich die Deutsch-Iranerin Annahita Maghsoodi sicher. „Dieses Regime wird enden. Die Proteste haben eine Reichweite und eine Qualität erreicht, hinter die es kein Zurück mehr gibt“, zeigte sich unsere Referentin überzeugt.

Doch der Reihe nach. Am Abend des 21. Aprils trafen sich Mitglieder und Freunde des VLAs zur Freistunde im Berliner Lokal Walhalla, der Stammkneipe der Berliner VLAler. Im frisch sanierten Lokal begrüßten wir Annahita Maghsoodi aus Osnabrück. Die überzeugte Liberale hatte es zum Studium in die Stadt des Westfälischen Friedens verschlagen, wo sie heute noch lebt.

Zusammen widmeten wir uns der Protestbewegung in Iran, wobei gleich zu Beginn deutlich wurde, dass letztlich seit 2009 die iranische Bevölkerung nicht mehr zu Ruhe kommt. „Die Quantität, die Reichweite und die Themen haben sich allerdings gewandelt“, unterstrich Maghsoodi.

Verfolgung von Regimegegnern in Europa, auch in Deutschland

Sie hob auch den terroristischen Charakter des Regimes hervor, das nicht vor Entführungen im Ausland, vor der Verfolgung von Regimegegnern in Europa, auch in Deutschland, zurückschrickt. Auch sie selbst fühlt sich beobachtet und vermeidet Reisen in die Region. Den Umgang Deutschlands und der EU mit dem Fall des Deutsch-Iraners Jamshid Sharmahd, der in Iran zum Tode verurteilt wurde, kritisiert sie scharf. „Hier erwarte ich mir ein lautstarkes Einschreiten der Bundesregierung und der Europäischen Union. Auch, dass die Revolutionsgarden in Europa noch nicht als Terrororganisation eingestuft sind, ist ein Skandal. Deren Aktivitäten gegen Auslands-Iraner, welche das Regime kritisieren, sind hinlänglich bekannt“, empörte sich die Referentin.

Negativ gestimmt ist sie trotz des immer härter werdenden Drucks nicht. Zwar baue das Regime immer mehr Gefängnis, um Regimegegner einzusperren, dies werde jedoch nicht reichen. Magshoodi erläutert: „Die Iranerinnen und Iraner sehen die Freiheiten, die wir im Westen haben. Immer weniger betrachten sich als religiös. Und selbst die religiösen Landsleute unterstützen oft die Hardliner nicht mehr. Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen und die Zeit läuft gegen das Regime. Wir werden seinen Sturz noch erleben.“

Am Wochenende fand die 67. Bundesmitgliederversammlung des Bundesverbandes Liberaler Hochschulgruppen (Bundes-LHG) in Saarbrücken statt. Auf der Tagesordnung standen vor allem Neuwahlen sowie die Feier des 35. Geburtstags des Verbands. Als Alumniverband der Liberalen Hochschulgruppen waren wir selbstverständlich mit von der Partie.

Wiedergewählt wurden Benjamin Kurtz als Bundesvorsitzender sowie seine Stellvertreterinnen Anna Hommen und Katharina Lauterbach sowie der IT-Beisitzer Maximilian Weigand. Neu dabei sind Charles Lübcke als Bundesschatzmeister, Maximilian Hartlieb als Stellvertretender Bundesvorsitzender und David  Grasveld (International Officer) sowie Elena Dewitt und Tim Gottsleben (beide beisitzend). Herzlichen Glückwunsch!

Eine neue Epoche

Mit Benjamin Kurtz sind LHG und VLA im vergangenen Jahr in eine neue Epoche der Zusammenarbeit eingetreten: noch enger, noch koordinierter und mit noch mehr Vertrauen ineinander. Nun wollen wir genauso in 2023 weitermachen. Wir freuen uns auf viele spannende Events zusammen: Klausurtagung, FDP-Bundesparteitag, Pfingstseminar und vieles, vieles mehr.

Der 35. Geburtstag des LHG-Bundesverbandes war ein besonderer Höhepunkt des Wochenendes. Wir kamen nicht mit leeren Händen: Die Gruppenförderung wird um ein Drittel aufgestockt, das ausgeschüttete Preisgeld für die „LHG des Jahres“ verdoppelt. Insgesamt sind das künftig jährlich rund 2.500 Euro mehr, die wir als VLA an die Gruppen ausschütten werden.

Gelebter Generationenvertrag

Ein starker VLA bedarf starker Liberaler Hochschulgruppen. Unser Generationenvertrag wird gelebt und ist ein Versprechen für die Zukunft der Liberalen Hochschulgruppen auf allen Ebenen. Austausch auf Augenhöhe, aktives Zuhören und ermutigender #Support sind die Mittel dafür. Auf uns können die Liberalen Hochschulgruppen zählen – auch in den kommenden 35 Jahren.

Zufrieden mit dem Stand der Digitalisierung? Dass die Besucherinnen und Besucher unserer Bonner Freistunde bei dieser Frage nicht vor Hohn auflachten, war auch alles. Niemand war auch nur annähernd zufrieden, wie es in Deutschland mit der Digitalisierung läuft.

Zuerst standen am 19. November 2022 Impulsvorträge seitens des IT- und Cloud-Fachmanns Christian Schmitz und der FDP-Landtagsabgeordneten Angela Freimuth auf der Agenda. Danach wurde heiß und heftig über die verschiedenen Fehlschläge der Digitalisierung, insbesondere in der Verwaltung und der Bildung, diskutiert. Hier waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Fish-Bowl-Format eingeladen, mit den beiden Fachleuten auf Augenhöhe zu diskutieren. Genau das ist jährlich bei dieser „Traditionsveranstaltung“ zum Jahresende der Fall.

Wortreiche Diskussionen

Dieses Angbot wurde auch dieses Jahr reichlich genutzt. Verständnis für die Fehlschläge und für das Schneckentempo hatte niemand. Ein Gast zeigte auf, wie ihre eigenen Versuche, in der Verwaltung an unterschiedlichen Sttellen Digitalisierung voranzutreiben, abgewürgt wurden. Andere zeigten auf, wie unkoordiniert die Landesregierung Digitalisierung der Schulen betrieb und dabei die Betroffenen kaum bis gar nicht mitnahm.

Auch Christian Schmitz hielt sich nicht mit Kritik zurück. Während daneben Angela Freimuth zum einen aufzeigt, wie starr viele Prozesse auf Landesebene sind, unterstrich Sie Ihre Bereitschaft, die zahlreichen Impulse in Ihre Arbeit als Fachpolitikerin für Digitalisierung einfließen zu lassen. Diesen Fachbereich habe sich im übrigen selbst gewählt, wie Sie hervorhob.

Dampf abgelassen

Nachdem so viel Dampf abgelassen worden war, ging man doch entspannter in den gemütlichen Teil der Freistunde über und nutze die Chance zum Vernetzen beim Imbiss. Klar ist schon jetzt: In 2023 sehen wir uns wieder und werden weitere digitale Themen behandeln.

Inhaltliche und personelle LHG-Erfolge auf europäischer Ebene

Auch wenn Hochschulpolitik auf europäischer Ebene nicht vergleichbar große Anknüpfungspunkte hat wie auf Landes- oder Bundesebene, so bringen sich die Liberalen Hochschulgruppen seit langem aktiv bei LYMEC, der europäischen jungliberalen Organisation, ein. Im Fokus des LYMC-Herbstkongresses standen nicht nur programmatische, sondern auch Personalentscheidungen. Vor Ort war die VLA-Stipendiatin Sina Behrend von der LHG Düsseldorf.

„Nach Bukarest führte der Herbstkongress der European Liberal Youth (kurz LYMEC) die Delegierten für ein Wochenende der zweiten Novemberhälfte. Dort wurde der Handlungsplan der Organisation für die Jahre 2022-2024 verabschiedet und der Bundesverband der Liberalen Hochschulgruppen (LHG) konnte zwei große Erfolge erzielen! Vor Ort waren wir LHGler mit insgesamt drei Delegierten vertreten. Zusätzlich konnten online zwei weitere Teilnehmer mitwirken. Als eine der Delegierte war es mein allererster LYMEC-Kongress. Mit mir in Bukarest waren Benjamin Kurtz und der International Officer der LHG, Johannes Brill. Online hatten sich Calvin Löw und David Grasveld zugeschaltet. Im Folgenden schildere ich meine gewonnenen Eindrücke.

Sightseeing-Highlight: Ceauşescu-Villa

Ich war bereits einen Tag vor Kongressbeginn nach Bukarest gereist, da am 18. November bereits um 9 Uhr eine erste Veranstaltung zum European Year of the Youth beginnen sollte, an der ich teilnehmen wollte. Ich hatte also am Vortag noch ein wenig Zeit die Stadt zu erkunden. An dieser Stelle erlaube ich mir einen kurzen Reisetipp: Mein Sightseeing-Highlight in Bukarest war die Ceauşescu-Villa. Hier hat der letzte kommunistische Präsident Rumäniens mit seiner Familie gewohnt. Die Villa ist sowohl für sich sehr beeindruckend als auch für Liberale eine wunderbare Bestätigung der Probleme des Kommunismus.

Kommen wir aber zum Kongress: Über 40 liberale Jugendorganisationen waren mit Vertretern repräsentiert. Die Organisation „Młodzi Nowocześni“ (MN) wurde neu als Vollmitglied bei LYMEC aufgenommen. Es handelt sich um die Jugendorganisation des polnischen ALDE-Mitglieds Nowoczesna, die für ein rechtsstaatliches und wirtschaftlich sowie gesellschaftlich liberales Polen kämpft. Wir hatten bereits vor dem Kongress intensiven Kontakt mit dem MN-Präsidenten und deren internationalen Vertreterin. Daher freuten wir uns sehr über diese Entwicklung.

Resolution der LHG zur Inklusion angenommen

Bereits im Vorfeld des Kongresses hatten wir, der Bundesverband der Liberalen Hochschulgruppen, zum Kongress eine Resolution zur Inklusion in der Europäischen Union eingereicht. Wir forderten darin unter anderem Barrierefreiheit bei Zugriff auf Informationen via Websites und für Gerichtsverfahren durch Gebärdensprachdolmetscher. Hier erzielten wir den ersten Erfolg des Wochenendes: Unsere Resolution wurde mit 97% vom Kongress angenommen!

Weitere inhaltliche Debatten wurden zu unterschiedlichsten Themen geführt. Dazu zählten u.a. eine EU-Strukturreform, die Situation im Iran, die Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union oder auch dem Angriffskrieg gegen die Ukraine. Hier wurden in der Beschlussfassung jeweils auch klar liberale Positionen eingenommen. Ein neuer LYMEC Vorstand wurde dieses Mal nicht gewählt. Dafür stand jedoch die Wahl neuer Delegierter von LYMEC zum Kongress der Alliance of Liberals and Democrats for Europe (ALDE) an. Hier kam es zu unserem zweiten großen Erfolg: Unser International Officer Johannes Brills wurde zum Delegierten gewählt und darf nun auf dem ALDE-Kongress weiter für ein inklusives Europa streiten.

Liberale Europapolitiker mit Rang und Namen zu Gast

Auch politische Größen statteten dem Kongress einen Besuch ab. Der Co-Vorsitzende der ALDE-Partei, Ilhan Kyuchyuk MdEP, und die Vizepräsidentin Svenja Hahn MdEP nahmen an dem Kongress sowie an einer Veranstaltung der Renew Europe-Gruppe zum Europäischen Jahr der Jugend teil, bei der der Präsident von Renew Europe, Stéphane Séjourné MdEP, Vlad-Marius Botoș MdEP und Monica Semedo MdEP mit LYMEC-Mitgliedern diskutierten. Hier wurden unter anderem progressive Vorschläge für die Energieversorgung in Europa besprochen.

Zusammenfassend kann man dieses ereignisreiche LYMEC-Wochenende mit einem Zitat schließen. „Kein Politiker kann es sich leisten, nicht auf die Jugend zu hören“, betonte Svenja Hahn. Und dass Politiker dies auch gar nicht können, dafür sorgen wir bei LYMEC.“

Der Andrang deutete sich ab dem ersten Tag der Freigabe des Anmeldungsformulars an. Am Ende interessierten sich über 70 Personen am Webinar des VLA „Harvard ist machbar, Frau Nachbar!“. Im Fokus des Webinars standen Finanzierung und Bewerbungsprozess an Elite-Universitäten in den USA, UK, EU und der Schweiz für Bachelor- und Masterstudiengänge.

Fachkundige Auskünfte zu Finanzierungsfragen

Die finanziellen Aspekte für Bachelor- und Masterstudiengänge beleuchteten Florian Bauer von Project Access und Frau Gabriele Knieps vom DAAD. Beide gingen fachkundig auf die anschließenden Fragen ein. Hier bewegte z.B. beim DAAD eine teilnehmende Person die Frage nach der zwangsläufigen Bindung der Zusage eines DAAD-Stipendiums an eine bestimmte Hochschule. Frau Knieps unterstrich in ihrer Antwort die Flexibilität des DAAD bei solchen Fragen, solange solche Änderungen gut begründet sind. Da die Bemühung um eine Finanzierung vor der eigentlichen Bewerbung an der Hochschule stehe, käme es immer wieder zu solchen nachvollziehbaren Änderungen. Da es einen bunten Strauß an Stipendien gibt, verwies Gabriel Knieps nicht nur auf die Stipendiendatenbank des DAAD, sondern stellte diese auch vor.

Im Anschluss teilten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in vier Regionspezifische Gruppen auf. Dort wurde mit mehreren Vertretern Project Access‘ ergiebig über die Bewerbungsverfahren an Elite-Universitäten diskutiert. Hier standen u.a. ehrenamtliches Engagement, Sprachnachweise sowie soft skills im Fokus der Diskussionen.

Fruchtbare Zusammenarbeit

Der Dank für den erfolgreichen Verlauf und die hohe Zahl der Anmeldungen geht an dieser Stelle an unsere Kooperationspartner: Project Access, den Bundesverband Liberaler Hochschulgruppen und die Stipendiatinnen und Stipenidaten der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Es war eine äußerst fruchtbare Zusammenarbeit.

Aufgrund dessen werden wir voraussichtlich für 2023 eine Wiederholung anstreben sowie ggf. auch gezielter auf PhD-Studien an Elite-Universitäten eingehen. Wir halten Sie über diese Homepage und den Newsletter des VLA auf dem Laufenden.

Eine Laudatio von Vize-Präses Sven-Oliver Wolff

Gerhart Baum wird an diesem Freitag 90 Jahre alt. Fast unvorstellbar, so rege und vehement, wie er sich auch noch an den aktuellsten politischen Debatten beteiligt. Erst vor wenigen Tagen hat er in Interviews den grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck verteidigt und ist mit der eigenen Partei, allen voran dem Finanzminister, hart ins Gericht gegangen. In einem Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland ließ er keinen Zweifel, was er vom Festhalten am Verbrennungsmotor und vom Nein zum Tempolimit hält. Ein Beharren auf den ewig gleichen, alten Ladenhütern. Und dann das Wort von der Gratismentalität. Dass er seine eigene Partei von Kritik nicht verschont, ist nicht neu. Ein bequemer, angepasster Parteisoldat war Gerhart Baum gewiss nie. Als unbeugsamer Streiter für Bürgerrechte hat er einen fast schon legendenhaften Rum.

Von der Elbe an den Rhein

Wie also nähert man sich einem Mann, über den schon so vieles geschrieben wurde? Die Stationen seines politischen wie privaten Lebens lassen sich nicht nur im obligatorischen Wikipedia-Artikel nachverfolgen. Eine Suche bei google ergibt bereits am Vorabend seines Geburtstages eine veritable Liste an Würdigungen. Kölner Stadtanzeiger, Rundschau und sogar der Express machen deutlich, wo Baum seit mehr als 60 Jahren zuhause ist. Mir war gar nicht präsent, dass er in Dresden geboren wurde, so sehr verbinde ich ihn mit der Domstadt am Rhein, in der er seit 1950 lebt. Eine bemerkenswerte Parallele zu unserem Altpräses Peter Menke-Glückert, der zwar durch Zufall in Karlsruhe geboren wurde, aber ebenfalls ist Dresden aufwuchs. Als Kinder werden sich die beiden kaum begegnet sein, doch sollte sich ihr weiterer Lebensweg später noch kreuzen.

Beide entstammen sie einem bildungsbürgerlichen Hintergrund. Baums Großvater und Vater waren Rechtsanwälte, die Mutter entstammte einer russischen Unternehmerfamilie. Die Verwüstung seiner Heimatstadt, die Angst vor den Bomben und die Entbehrungen beschrieb er später als prägend. Nach der Flucht kam er zunächst nach Bayern und besuchte das Gymnasium Tegernsee, wo ihn ein dem Widerstand verbundener Lehrer politisch nachhaltig beeinflusste.

1954 trat er in die FDP ein. Die sei Anfang der 50er Jahre „naziverseucht“ gewesen, woran er und andere jüngere Mitstreiter massiven Anstoß nahmen. Später gehörte er zu den Mitbegründern des Freiburger Kreises und wurde in der sozialliberalen Koalition gemeinsam mit Burkhard Hirsch und Hildegard Hamm-Brücher, mit denen er auch privat freundschaftlich verbunden war, zu einem der führenden Köpfe des sozialliberalen Flügels seiner Partei.

Erste Akzente in der Umweltpolitik

Seinen Ruf als Verfechter von Bürgerrechten und Rechtsstaatlichkeit brachte ihm insbesondere seine Tätigkeit im Bundesinnenministerium ein, seit 1972 als Parlamentarischer Staatssekretär und seit 1978 als Minister. Er modifizierte den sogenannten „Radikalenerlass“ und setze eine differenziertere Auseinandersetzung mit dem politischen Umfeld der RAF durch. Zudem setzte er Akzente in der Umweltpolitik, die damals noch im Innenministerium angesiedelt war. Er betraute den seit 1970 im BMI tätigen Peter Menke-Glückert 1978 mit der Übernahme des Bereichs Umweltpolitik.

Nach dem Bruch der sozial-liberalen Koalition zog Baum sich aus der Regierung zurück, kehrte seiner Partei aber – anders als manch anderer enttäuschter Sozialliberale – nicht den Rücken. Dem Deutschen Bundestag gehörte er bis 1994 als Abgeordneter an. Von 1992 bis 1998 hatte er die Leitung der deutschen Delegation bei der UN-Menschenrechtskommission inne. Anschließend war er unter anderem als Beauftragter für die Menschenrechte im Sudan tätig.

Unermüdlicher Einsatz für Bürgerrechte

Daneben arbeitete er wieder als Rechtsanwalt. Er führte einige der herausragendsten Verfahren der letzten Jahrzehnte. Er vertrat die Angehörigen der Opfer des Ramstein- und Concordeunglücks, des Anschlags von Lockerbie, des Münchener Olympia-Attentats und der Loveparade ebenso wie die sowjetischen Zwangsarbeiter gegenüber der Bundesrepublik. Vor allem aber setzte er sich auch gerichtlich unermüdlich für die Bürgerrechte ein. Vor dem Bundesverfassungsgericht ging er – teilweise gemeinsam mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Burkhard Hirsch – erfolgreich gegen den großen Lauschangriff, die Vorratsdatenspeicherung, das Luftsicherheitsgesetz und das BKA-Gesetz vor. In Nordrhein-Westfalen brachte er die Online-Durchsuchung zu Fall.

Ich gebe zu, dass mir gerade diese Erfolge beruflich einigen Verdruss bereitet haben, handelt es sich doch jeweils um effiziente Mittel zur Aufklärung von Straftaten. Insbesondere im Bereich der organisierten Kriminalität ist die Ermittlungsarbeit ohne sie deutlich erschwert. Keine Frage: Im Bereich der Ermittlungsbehörden haben die gerichtlichen Erfolge Baums so manchen ganz ordentlich gestresst. Nicht wenigen galt und gilt er als liberaler Quälgeist. Doch für einen mit einem festen liberalen Kompass ausgestatteten Rechtsstaatsenthusiasten wie Gerhart Baum konnten solche Erwägungen nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Eingriffe in die Bürgerrechte nicht zu rechtfertigen waren.

Begegnung in Paderborn

In diesem Zusammenhang erinnere ich mich auch an Baums letzten Besuch bei unserem Verband. Beim Pfingstseminar in Paderborn hielt er einen Vortrag, natürlich zu seinem Lebensthema: Den Freiheits- und Bürgerrechten. Ich hatte ihn mit dem Auto am Bahnhof nicht ohne eine gewisse Nervosität in Empfang genommen. Als dienstjunger Staatsanwalt war ich etwas angespannt, hatte ich doch schon einige Rechtsanwälte, die sich in ihrer Rolle als Kämpfer gegen die Ermittlungsbehörden gefielen, als äußerst anstrengend erlebt. Doch die kurze Fahrt vom Bahnhof zum Tagungshaus war äußerst angenehm. Ich erlebte einen zugewandten, interessierten Menschen, der sich voller Respekt und Anerkennung gerade über jene Berufsgruppen äußerte, bei denen er sich durch die Verfassungsbeschwerden nicht eben beliebt gemacht hatte.

Spätestens jetzt hatte ich verstanden: Es ging nicht um ein Dagegen. Und ganz gewiss nicht darum, Polizisten, Staatsanwälten oder Richtern das Leben unnötig schwer zu machen. Sondern darum, für etwas zu streiten: die Freiheit.

Freiheit und Verantwortung Hand in Hand

Auch wenn es unbequem war und keinen Applaus einbrachte, setzte und setzt Gerhart Baum sich stets für die Freiheit ein. Dass Freiheit dabei stets mit Verantwortung einhergehen müsse und eine Einschränkung zum Schutz anderer auch aus seiner Sicht durchaus erforderlich sein könne, machte Baum im Rahmen der Coronapandemie deutlich. Auch hier übte er offen Kritik an der Führung seiner Partei, der er Populismus und ein falsches Verständnis von Freiheit vorwarf.

Keine Frage: Auch mit 90 Jahren bleibt Gerhart Baum ein eloquenter und engagierter Streiter für die Freiheit. Wir wünschen ihm dabei weiterhin viel Erfolg.

Eine kleine, gesellige Runde von LHGlern und Conseniorinnen und Consenioren kam am 23. September in Wuppertal, im örtlichen Brauhaus, zu einer Freistunde zusammen. Auch wenn es keine politisches Hauptthema mit Referentin gab, so haben wir doch fleißig politisch diskutiert: u.a. über die Energiepolitik, den russisch-ukrainischen Krieg oder auch die Auswirkungen von beidem auf den Hochschulbetrieb in diesem Wintersemester.

Im Test: Engels-Bier

Dabei kamen der persönliche Austausch über den beruflichen Werdegang, den letzten Urlaub und auch die leidlichen Erfahrungen mit Corona kamen nicht zu kurz. So tranke wir nicht nur bekanntere Typen der Hopfenkaltschalte. Auch ein lokales, sehr individuelles Bier haben wir verköstigt: Engels – benannt nach Karl Marx Förder Friedrich Engels. Dieser wurde in Barmen, heute ein Stadtteil Wuppertals geboren. Dort, in Barmen, befindet sich auch das Wuppertaler Brauhaus. Quintessenz des Abends dazu: Egal ob alkoholfreies Bier, das Engels-Bier oder sein Namensgeber – alles ohne Substanz.

Im Übrigen: Heute erinnert an Engels in Wuppertal, wie an Marx in Trier, eine überlebensgroße Statur mit Sockel – jeweils finanziert von der Volksrepublik China.

Highlight des Abends

Besonders schön, sozusagen der Höhepunkt des Abends, war eine freimütige Entscheidung eines langjährig engagierten LHGlers, der nun am Abschluss seiner Promotion steht. Wir freuen uns Alexander Hobert in unseren Reihen begrüßen zu dürfen!

Ein bewegtes Leben mit zahlreichen Volten: Weimar, Nazi-Regime und Zweiter Weltkrieg, Demokratisierung und Wiederaufbau, Kalter Krieg und Flucht in den Westen, Entspannungspolitik, NATO-Doppelbeschluss, Wende, EU-Osterweiterung, Partnerschaft mit Russland, Besetzung der Krim. In seinen gut 99 Jahren hatte Wolfgang Schollwer bis zu seinem Tod im Januar 2021 Weltgeschichte erlebt – und teilweise auch mitgestaltet.

Stets bescheiden, selbstironisch, interessiert, aufgeweckt und zuhörend – so blieb dem Autor Wolfgang Schollwer in Erinnerung. Eine Würdigung dieses Mannes war für uns als Verband liberaler Akademiker anlässlich seines 100. Geburtstags selbstverständlich. Möglich war sie aufgrund zahlreicher Spenden, die wir 2021 seinetwegen erhielten. Am 13. August 2022 konnten wir diese Würdigung am Bonner Gustav-Stresemann-Institut endlich vollziehen, ohne dass uns Corona wie noch ein halbes Jahr zuvor zum eigentlichen Geburtstagstermin im Wege stand.

Dankbar sind wir auch für die über 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Darunter befanden sich auch Schollwers Familienangehörige, wie z.B. sein Großcousin Klaus Geerdts, der abschließend bewegte und bewegende Worte an die Versammelten richtete.

Nie formell Akademiker

Wolfgang Schollwer war nie Akademiker im formellen Sinn. Doch er brachte alle positiven Charaktereigenschaften sowie den Intellekt eines Akademikers mit. Gleichzeitig bewahrte er sich eine studentische Neugierde und Offenheit. Dass er Vorsitzender, Präses wie es bei uns heißt, eines Akademikerverbandes wurde, muss man vor diesem Hintergrund und nicht alleine vor dem der Umwälzungen der späten 1960er Jahre begreifen.

Sein Leben und sein Lebenswerk wurden gewürdigt vom Historiker Dr. Jürgen Frölich. Dieser versah seinen Vortrag „Wolfgang Schollwer – Kronzeuge einer neuen Ostpolitik“ mit einem deutlichen Fragezeichen. Dr. Frölich unterteilt dabei Schollwers Lebenslauf in vier Lebens- und Wirkungsphasen: die Jugend in Potsdam, die Zeit als LDP-Funktionär dort, der Abschnitt als Mitarbeiter im FDP-Ostbüro in Bonn und letztlich die Zeit als Vordenker einer neuen liberalen Deutschland- und Ostpolitik in der FDP und dann im Auswärtigen Amt.

Besondere Wandel- und Einsichtsfähigkeit

Die unterschiedlichen Sichtweisen, ja die Entwicklung Schollwers insbesondere nach seiner Flucht nach Bonn wurde so allen Zuhörerinnen und Zuhörern greifbar; in den beiden sogenannten Schollwer-Papieren der 1960er verbunden mit einer Denkschrift vom März 1956 ist der Wandel besonders greifbar. Die Auswirkungen dieser auf die FDP bewertete Dr. Frölich als selten nachhaltig und stellte Schollwer in eine Reihe mit Karl-Hermann Flach und Otto Graf Lambsdorff.

Abgeleitet aus dem Werdegang und den jeweiligen Ausgangssituationen kam Dr. Frölich zum Schluss, dass die heutige Situation eher jener der späten 1940er und 1950er Jahre ähnelt weshalb an den damaligen Gedankengänge Schollwers anzuknüpfen wäre. Jedoch unterstrich er die besondere Wandlungs- und Einsichtsfähigkeit aus Basis einer mit preußischer Nüchternheit vollzogenen Analyse des Wolfgang Schollwer, quasi als dessen Markenzeichen. So schloss dann auch Dr. Frölich: „Eine solche Wandlungs- und Einsichtsfähigkeit hilft vielleicht auch heute bei der Suche nach einer neuen Ostpolitik, preußische Nüchternheit a la Wolfgang Schollwer in jedem Fall.“

Europas Herausforderungen mit streitbaren Schlussfolgerungen

Nach diesem Rückblick nahm der Niederländer Dr. René Cuperus den Faden auf und lenkte den Blick auf die europäische Ebene. Mit einer Nüchternheit, die sicherlich Schollwers Gefallen gefunden hätte, analysierte die aktuelle Lage Europas in der Außen- und Sicherheitspolitik. Der von Russland begonnene Ukrainekrieg bedeutete einen humanitären und geopolitischen Schock und ein „Ende des Endes der Geschichte“. Dieser geopolitische Schock des Ukrainekriegs müsse jedoch neben zwei weiteren betrachtet werden: Dem China- und dem Trump-Schock, die sowohl in den USA als auch in Europa nachdrücklich spürbar seien.

Zentrale Punkte der bisherigen deutschen Außen- und Sicherheitspolitik stünden zudem im Sinne einer deutschen Zeitenwende nun zur Disposition: Die Nachkriegszeit, das Verständnis als Friedensmacht, Wandel durch Handel und „Nie wieder Krieg“. Ein „soul searching“ in Deutschland sei nun aus Sicht Dr. Cuperus im Gange, während die Großmächte USA und China miteinander im Machtwettbewerb stünden, eine „ruling power“ (USA) mit einer „rising power“ (China), was in der Geschichte immer Instabilität mit sich gebracht habe.

Die EU spiele dabei zwar als wirtschaftliche Supermacht mit, stünde mit den populistischen bzw. autoritären Bewegungen in Osteuropa, insbesondere in Polen und Ungarn, sowie den mit einer möglichen erneuten Euro-Krise vor ganz eigenen Herausforderungen, die einem Einheitsjubel entgegen stünden.

Da Europa per Definition politisch, kulturell, wirtschaftlich und verwaltungsmäßig zu divers und zu uneinig sei, sei eine erforderliche größere und stärkere Einheit Europas ohne Schaden am demokratischen Geist und der kulturellen Vielfalt anzurichten quasi nicht möglich. Daher forderte Dr. Cuperus ein nach außen starkes und nach innen bescheidenes Europas, um si eine Balance zwischen europäischer Stärke und nationaler Demokratie zu erreichen; kurz gesagt: Supermacht ja, Superstaat nein.

Widerspruch aus dem Publikum

Seine hier spezielle niederländische Perspektive brachte auch entsprechende Impulse bei den Zuhörerinnen und Zuhörern, insbesondere als aus seiner Sicht kein europäischer Bundesstaat das Ziel sein könne. Dass die FDP und die aktuelle Ampel-Koalition dies anders sehe, wurde nachdrücklich aus dem Publikum artikuliert.

Nicht weg von Europa, aber mit einer Neujustierung des Fokus reihte sich Christian Schmitz, Geschäftsführer der European Society for Digital Sovereignty in die Vortragsreihe ein. Digitale Souveränität beschrieb er aus seiner Sicht als „Versuch, alle kritischen Bereiche des digitalen Raumes zu erfassen, und bewusste Bewertungen und Entscheidungen bezüglich der digitalen Handlungsfähigkeit und Handlungssouveränität des Staats, der Wirtschaft und Bürger zu treffen“.

Geburt des „Cyber-Schollwers“

Aufbauend auf der Struktur der beiden Schollwer-Papier Betrieb Schmitz eine nüchterne Analyse der Situation. Der beleuchtete dabei den deutschen Aufbau der Cyberarchitektur, das bürokratische Verständnis des Aufbaus des Internet und die Realität, wie Cybernetzwerke heute tatsächlich strukturiert sind, die Einkommenssituation von IT-Fachleuten in Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz und den USA.

In der Bewertung kam Schmitz zur Auffassung, dass auf offizieller Seite eine Verantwortungsdiffusion herrsche, während der Wettbewerb strukturell verzerrt sei sowie die Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland international nicht gegeben sei. Dennoch gebe es kein Problembewusstsein. Schmitz schloss als Konsequenzen mit einem Appell, dass u.a. der Staat Bürgern und Wirtschaft in Sachen Digitalisierung Vorfahrt lassen solle und es eine Reform durch echte digitale Verwaltungsprozesse statt schlechter Verwaltungsprozesse, die manchmal auch digital seien, benötige.

Diesen inhaltlich großen Spagat führte geschickt in der Diskussion die Moderatorin Dr. Ann Sophie Löhde wieder zusammen. Hier wurden, gemeinsam mit dem Publikum, die Untiefen nationaler, europäischer und Internationaler Herausforderungen mit ihren Rückwirkungen ausgemessen; sei es mit Bezug zu den europapolitischen Vorhaben der Ampel-Koalition, sei es mit Rückgriff auf Schollwers Rolle in FDP und Auswärtigen Amt.

Abschließend gilt der Dank allen Spenderinnen und Spendern, auch für die übergroße Anteilnahme, sowie dem Archiv des Liberalismus und der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Ohne sie alle wäre dieses Symposium für Wolfgang Schollwer so nicht möglich gewesen.

Am Rande noch die Empfehlung einer Lektüre. Diese wurde am 13. August seitens des Archiv des Liberalismus vorgestellt. Der VLA hat sie mitfinanziert.

Dr. Jürgen Frölich: Einheit und Freiheit. Die liberale Deutschland- und Entspannungspolitik 1945-1990/91. 2022.

Der Verband liberaler Akademiker vergibt pro Jahr bis zu vier Stipendien für die internationale Arbeit im Bereich der Liberalen Hochschulgruppen. Im ersten Halbjahr 2022 haben wir so Nicole Witt aus Göttingen gefördert. Sie berichtet im Folgenden von ihrem Besuch des LYMEC-Kongresses in Prag.

„Am Wochenende des 20.-22. Mai hatte ich die Ehre, für den Bundesverband der Liberalen Hochschulgruppen als Delegierte beim „LYMEC Electoral Spring Congress“ in Prag dabei sein zu dürfen. Das Wochenende war für mich eine große Bereicherung – zum einen hatte ich die Möglichkeit, viele neue, junge Menschen aus ganz Europa mit politischen Impulsen kennenzulernen, zum anderen gab es spannende, inhaltliche Debatten.

Noch vor Kongressbeginn veranstaltete das „Renew Europe Team“ einen Workshop.Dies geschah vor dem Hintergrund, dass das Europäische Parlament und der Rat sich im Dezember darauf geeinigt hatten, 2022 als „Year of the Youth“ zu bezeichnen. In erster Linie zielte er darauf ab, die Delegationen dazu ermutigen und zu inspirieren, Veranstaltungsideen zu entwickeln, welche junge Menschen noch näher an die Politik heranbringen. Dadurch, dass die Initiativen des „Year of the Youth“ mit insg. 8 Millionen Euro unterstützt werden, war die monetäre Frage zunächst einmal zweitranging, was der Ideenfindung natürlich sehr zu Gute kam. Am Ende konnte das Renew Europe Team zahlreiche Veranstaltungsideen mitnehmen – und der Kongress konnte beginnen.

Offene Atmosphäre weckte Motivation

Neben zahlreichen Grußwörtern (unter anderem von Svenja Hahn, die auch das ganze Wochenende vor Ort war), wurde eine Dringlichkeitsantrag zu Menschenrechten in internationalen Sportveranstaltungen diskutiert und angenommen. Am Abend fand dann das gemeinsame Abendessen im Hotel statt. Hier kamen wir mit zahlreichen anderen Delegierten ins Gespräch. Besonders gefallen hat mir dabei die offene Atmosphäre; auch wenn man noch kaum jemanden kannte, wurden wir sofort ins Gespräch mit einbezogen und als Teil der Gemeinschaft verstanden. Die Motivation für die nächsten Kongresstag wurde auf jeden Fall geweckt.

Am Samstagvormittag begann es zunächst mit internen Angelegenheiten. Dazu gehörte z.B. die Aufnahme von Mitgliedern als volle Mitglieder sowie als assoziierte Mitglieder. Als volle Mitglieder wurden „Movement for! Youth Latvia“, „Vesna Youth Democratic Movement Russia“ und „Young Green Liberals Switzerland” aufgenommen. Da es mein erster Kongress war, fand ich diesen Tagesordnungspunkt besonders interessan: Ich konnte ein grundsätzliches Gefühl für die interne Organisation von LYMEC in Bezug auf die Mitglieder gewinnen.

Spannende Neuwahlen des Bureau LYMEC

Danach stand einer der Hauptpunkte des Programmes: Das Bureau LYMEC wurde neu gewählt. Einige Kandidat*innen hatten sich im Vorfeld online bereits bei den Delegationen vorgestellt. Dadurch hatte man sich bereits im Vorfeld einen persönlichen Eindruck machen und die Ziele der Kandidat*innen kennenlernen können. Als neuer Präsident wurde Dan-Aria Sucuri (Schweden) gewählt. In seiner Rede erklärte er, die liberalen Ideen, die durch LYMEC entstünden, in seiner Amtszeit nach außen tragen zu wollen und sich insbesondere die Umsetzung der vielen Ideen vorzunehmen. Ines Holzegger (Österreich) wurde in einer Kampfkandidatur mit Marten Porte (Niederlande) als Vizepräsidentin gewählt. Sie versprach in ihrer Rede, LYMEC für junge Leute noch erreichbarer machen – und den Einfluss der Organisation stärken zu wollen. Zudem solle erreicht werden, die Ideen junger Menschen noch weiter nach vorne zu bringen.

Um genau diese Ideen ging es dann nach dem Mittagessen in der Antragsdebatte. Die konkrete Reihenfolge war zu Kongressbeginn per Alex-Müller-Verfahren festgelegt worden. Anträge, die sich mit dem Krieg gegen die Ukraine beschäftigten, standen dabei ganz oben auf der Tagesordnung. Auch hier möchte ich noch einmal meinen besonderen Respekt gegenüber den Delegierten der „Young Liberals Ukraine“ und der „Ze!Molodizhka Ukraine“ betonen. Sie waren beim Kongress anwesend, wohl in dem Wissen, welchen schrecklichen Situationen Freunde und Familie in ihrem Heimatland ausgesetzt sind. Der Antrag „Recognition of the Genocide of the Ukrainian People by the Russian Federation“ war besonders bewegend. Er sah vor, dass LYMEC die Gräueltaten Russlands gegenüber der ukrainischen Bevölkerung als „Genozid“ einstufe. Zur Begründung hielt eine ukrainische Delegierte eine sehr ergreifende Rede über die schreckliche Situation in dem Land. Der ganze Saal war von ihren Worten deutlich mitgenommen. Der Antrag wurde einstimmig angenommen.

Was ist eigentlich „liberal“?

Hitzig diskutiert wurde dagegen vor allem das unterschiedliche Verständnis und die Auslegung des Begriffs „liberal“ zwischen den verschiedenen Delegationen. Die Debatte war nicht nur besonders aufgeladen und emotional, sondern auch spannend, da die Meinungen in diesem Bereich besonders stark auseinander gingen. Die Schweizer Delegation „Jungfreisinnige Schweiz“ hatte beispielsweise einen Antrag mit dem Titel „For basic classic liberal principles – a market-friendly LYMEC”, gestellt. In einer Passage hieß es dabei, dass Aufgaben des Staates auf dessen Kernkompetenzen begrenzt sein sollten. Viele Delegationen bewerteten das als problematisch. Sie argumentierten unter anderem, dass durch diese Formulierung assoziiert werde, dass soziale Aspekte ausgeschlossen wären.

In meinen Augen ist dies aufgrund der Auslegungsmöglichkeit von dem Begriff „Kernkompetenz“ gerade nicht der Fall. Vielmehr müsste im zweiten Schritt zwar diskutiert werden, was genau von „Kernkompetenz“ umfasst ist; die Forderung, dass sich der Staat auf seine Kernkompetenzen jedoch beziehen soll, ist für mich mit einem liberalen Verständnis unproblematisch. Im Ergebnis wurde der Antrag jedoch mit weniger als 30 % Zustimmung abgelehnt. Da dies der letzte Antrag war, der zeitlich besprochen werden konnte, kam es leider gar nicht mehr zu unserem Antrag.

LHG-Antrag wurde leider nicht diskutiert

Wir als LHG hatten einen Antrag eingereicht, der darauf abzielte, gehörlosen Studierenden das Studium zu erleichtern, da dieses – insbesondere für Betroffene – ein sehr wichtiges, aber leider bisher eher stiefmütterlich behandeltes Thema ist. Beispielsweise forderten wir in dem Antrag, die bürokratischen Hürden für gehörlose Studierende zu reduzieren, die Etablierung einer Universität für Gehörlose, die dem Beispiel der Gaullaudet University in den USA folgt und die Bereitstellung von zusätzlichem Material zum bestmöglichen Umgang mit gehörlosen Studierenden für Universitäten. Der Antrag wurde nun leider nicht thematisiert. Doch wir haben die Chance, ihn beim nächsten Mal erneut einzureichen – was meiner Meinung nach auch getan werden sollte.

Nach einem sehr langen und spannenden Debattentag freuten sich sicherlich alle auf das Abendprogramm, welches eine Bootsfahrt auf der Moldau vorsah. Bei langsam eintretender Dämmerung hatte man einen wunderschönen Blick auf Prags Altstadt! Zudem gab es reichlich Essen und zahlreiche, spannende Gespräche entstanden. Es wirkte so, als hätte der Kongress allen sehr viel Spaß bereitet. Ich freue mich, dass ich für die Liberalen Hochschulgruppen ebenfalls dabei sein durfte. Hoffentlich darf ich in Zukunft wieder Teil unserer Delegation sein!“

Eher ungewöhnlich für unsere sonstigen Regionaltreffen war es, dass dieses Mal kein Thema im Fokus stand. Vielmehr stand der persönliche Austausch im Zentrum – und viele nutzten dieses Angebot  sehr gerne. Fast 20 Personen aus den Reihen von VLA und LHG sowie Externe kamen im Walhalla zusammen.

Besonders freute uns der Besuch von Judith Lehnigk-Emden aus Rheinland-Pfalz. Einen besonderen Platz in der Runde hatte zudem die noch recht junge Liberale Hochschulgruppe der Hochschule für Wissenschaft und Recht (HWR) Berlin.

Es war ein Abend des Kennenlernens, Wiedersehens, Schwelgens in Erinnerungen und politischer Ideen.